Die wertschätzende Wahl: Wie wir Rollen besetzen, indem wir unsere Stärken feiern

Wie Ihr vielleicht schon mitbekommen habt, arbeiten wir rollenbasiert. Das heißt, dass wir anstelle von Jobs verschiedene Rollen annehmen, die wiederum verschiedene Verpflichtungen haben. Doch wie werden diese Rollen besetzt?

Einerseits ist hier die Anstellung eines Mitarbeitenden ausschlaggebend. Ich z.B. wurde als Entwickler eingestellt und bin daher auch in der Rolle. Aber natürlich kann man bei uns viel mehr machen als nur das, wofür man eingestellt wurde.

In der Vergangenheit haben wir Rollen hauptsächlich dadurch besetzt, dass jemand erkannt hat, dass er*sie diese Rolle eh schon innehat, diese aber noch nicht explizit benannt wurde, oder dass er*sie diese Rolle gerne mit Leben füllen würde. Doch seit ein paar Wochen haben wir ein neues Werkzeug für die Rollenbesetzung in unserem Repertoire: Die wertschätzende Wahl. Sie erlaubt uns, ungenutzt Potentiale zu erkennen und wichtige Positionen so zu besetzen, dass das beste Ergebnis für unser Unternehmen herauskommt.

Inhalte:

Schritt 1: Die Nominierung

Schritt 2: Die Präsentation der Entscheidung

Schritt 3: Die Wahlrunde

Schritt 4: Das Auszählen

Schritt 5: Die Ernennung

Die wertschätzende Wahl: Der Ablauf

Bei der wertschätzenden Wahl treten bei jedem Schritt Anerkennung, Respekt und Vertrauen vom Team für das Team zutage. Wie das funktioniert, erkläre ich Euch gleich.

Zuerst solltet Ihr wissen, dass wir mit unseren Entscheidungen generell nicht auf die Anwesenheit bestimmter Personen warten - denn bei uns ist keine Entscheidung in Stein gemeißelt. Wer mit einer Wahl unzufrieden ist und dies gut (bzw. mit einem Schaden für das Unternehmen) begründen kann, der kann eine Wahl auch neu anstoßen. Dies erlaubt es, das Unternehmen agil weiterzuentwicklen. Nicht jede Wahl findet also mit allen Circle-Mitgliedern statt.

Für eine wertschätzende Wahl braucht man wie für jede andere zunächst Kandidat*innen. Bei unseren Wahlen sind alle Mitglieder des Circles, in dem wir wählen, potentielle Kandidat*innen.

Nun geht jede*r Teilnehmer*in der Wahl in sich und überlegt, wer für ihn*sie als besonders geeignet für die zu besetzende Rolle wirkt. Die Wahlteilnehmer*innen denken an Stärken, Skills und andere wertvolle Fähigkeiten ihrer Wunschperson, die diese perfekt für die zu besetzende Rolle machen könnten und schreiben den Namen auf ein Blatt Papier.

Im nächsten Schritt liest jede*r Teilnehmer*in vor, was er*sie auf den Zettel geschrieben hat und hält diesen hoch. Nach der Nennung des Namens dieser nicht geheimen Wahl erklärt jede*r, warum die ausgewählte Person besonders geeignet ist.

An dieser Stelle kommt es zum ersten öffentlichen wertschätzenden Moment, der diesen Wahlvorgang so wunderbar macht: Denn durch das Hervorheben der Kandidat*innenstärken wird Unmengen positive Energie freigesetzt. Auf der einen Seite kommt bei den Kandidat*innen eine Welle von Wertschätzung an. Manche werden erst durch die Rückmeldung ihrer Kolleg*innen auf ihr Potential aufmerksam. Auf der anderen Seite lernt das Team mehr über die Kompetenzen seiner Mitglieder.

Nun kommt es zur zweiten Stimmenabgabe. Denn nachdem alle Argumente gehört wurden, kann jede*r seine*ihre Wahl neu setzen. Das ist wichtig, denn jede*r nimmt andere Seiten von verschiedenen Personen wahr - durch die wertschätzende Präsentation der Entscheidung in der Vorrunde erkennt man die Stärken anderer Teammitglieder, die man davor vielleicht nicht gekannt hat. Und wenn es nur aus dem Grund war, dass man nicht oft mit der Person zusammenarbeitet.

Jede*r geht also noch einmal in sich und hat nun die Chance eine andere Person zu wählen - oder aber er*sie wählt den Menschen, der von Anfang an Favorit*in war.

Jetzt geht es im Kreis (oder anderen Formen) um den Tisch und jede*r Wähler*in hält den Zettel hoch und sagt den Namen der gewählten Person. Die Stimmen werden gezählt und im besten Falle geht ein*e klare*r Gewinner*in aus der Runde heraus.

Bei Gleichstand gewinnt übrigens die Person, die für sich selbst gewählt hat. Was passiert, wenn es Gleichstand gibt und zwei Personen sich selbst gewählt haben, wissen wir noch nicht - vielleicht machen wir die Erfahrung aber in Zukunft noch.

Doch die Wahl ist jetzt noch nicht um. Ähnlich wie bei unseren Konsent-Prozessen gibt es eine Einwand-Runde, in der jede*r Teilnehmer*in gefragt wird, ob die Besetzung der Rolle durch den bzw. die Wahlsieger*in "Safe enough to try" ist. Erst wenn diese Runde ohne Einwände beendet wird, ist die wertschätzende Wahl abgeschlossen. Einwände können z.B. fehlende Erfahrung oder mangelnde Arbeitszeit bzw. Überlastung sein. In dem Falle geht der Prozess der wertschätzenden Wahl von vorne los. Auch der bzw. die Wahlsieger*in kann durch Ablehnen der Wahl eine neue Nominierungsrunde in Gang setzen.

Die wertschätzende Wahl: Unsere Erfahrungen

Direkt bei unserer ersten wertschätzenden Wahl haben wir die Vorteile dieses Rollenbesetzungs-Tools live erlebt. Mit dem Wunsch, die Rolle des "Facilitators" zu besetzen, probierten wir das neue Werkzeug aus. Nach der Nominierung von 3 Personen mit einer klaren Tendenz zu zweien ist folgendes passiert:

Die Gewinnerin der Wahl wurde als Erstbesetzung für die Rolle ernannt. Da wir die Rolle doppelt besetzen wollten, gingen wir ein zweites Mal in den wertschätzenden Wahl-Prozess. Der Einfachheit halber nenne ich die Person, die in der vorherigen Runde nur eine Stimme bekommen hat "Mini Mouse" und die andere Person (mit zuvor einer klaren Tendenz) "Donald Duck".

Diesmal war die Präsentation der Nominierung eine echte Achterbahnfahrt. Mini Mouse und Donald Duck bekamen wortwörtlich abwechselnd Stimmen. Sowohl Mini als auch Donald haben sich selbst gewählt. Dem Team war bewusst geworden, wie wertvoll Mini für diese Rolle ist. Donald hatte damit nicht gerechnet und änderte - unter anderem weil er gesehen hatte, dass Mini sich das selbst zutraute - seine Stimme, um die vermeintliche Konkurrenz zu wählen.

Am Ende wurde Mini die zweite Besetzung der Rolle - hier haben wir als Unternehmen also zuvor ungenutztes Potential in einer Person erkennen und nutzen können. Wir waren alle von den Ergebnissen der zweiten Runde sehr positiv überrascht.

Auch in weiteren Wahlprozessen haben die Nominierungen durch ihren wertschätzenden Charakter Potentiale aufgezeigt, die uns nicht allen bewusst waren. Die Komponente, Personen durch die Augen anderer zu sehen, ist für das ganze Team eine sehr wertvolle Erfahrung.


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